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HEFT 3

Ausgabe 3, 2025

Oktober 2025

Arbeiten mit Klaus Heinrich

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Broschur, A5, 136 Seiten
Heft 3, 2024 (2025)
ISSN: 2751-6504

In dieser Sonderausgabe widmen wir uns dem Religionsphilosophen, studentischen Mitbegründer und langjährigen Professor der Freien Universität Berlin, Klaus Heinrich (1927–2020). Einem Denker, der im akademischen Feld des postnazistischen Deutschlands einmalig für die Verbindung von Psychoanalyse und Kulturtheorie steht und dessen Überlegungen und kritische Einlassungen sich bis heute Aktualität bewahrt haben. Der Großteil der Beiträge basiert auf Vorträgen einer Tagung, die im Juni 2023 an der Internationalen Psychoanalytischen Universität in Berlin unter dem Titel Arbeiten mit Klaus Heinrich – Stoffe, Genealogien und Methoden stattfand. Zudem haben wir einen freien Beitrag hinzugefügt, der die Produktivität des Arbeitens mit Heinrich an einer Analyse der inneren Dynamik des Antisemitismus illustriert.

CHRISTIAN OBERMÜLLER kontrastiert in Spaltung, Leere, stillgestellte Zeit – Dynamiken im Antisemitismus die Motive des Ursprungs bei Freud und Heidegger, um sich den Triebdynamiken anzunähern, die zum Antisemitismus treiben. Dabei stehen ihm methodische Überlegungen Klaus Heinrichs Pate.
Im Interview mit ULRIKE BRUNOTTE wird Klaus Heinrichs Ansatz eines faszinationsgeschichtlichen Arbeitens nachgegangen. Dabei wird beleuchtet, wie sich Heinrichs Begriff der Geschlechterspannung verstehen lässt und was es bedeutet, mit dem Verdrängten der Philosophie zu arbeiten.
In Den Staub denken spürt ROLF BOSSART dem Staub und seinen materiellen wie philosophischen Erscheinungsweisen als einem Stoff des Heinrich'schen Denkens nach.
In ihrem Beitrag Dämonen und Dämonisches im Denken von Klaus Heinrich setzt sich MARION STEINICKE mit dem Zusammenhang zwischen dem Begriff des Dämonischen und den gattungsgeschichtlich vermittelten und individuell wirksamen Triebkräften im Werk Heinrichs auseinander.
MANFRED BAUSCHULTE zeichnet in Der Stier des Phalaris / Der Strich des Apelles die Überlieferungsgeschichte der Erzählung vom bronzenen Stier nach. Die assoziative Bearbeitung des Materials durch Klaus Heinrich deutet er hierbei als Verarbeitung von Schrecken und Schreckensangst.
JAKOB HELMUT DEIBL widmet sich in seinem Aufsatz Erinnerungen an das Problem von Nicäa dem trinitarischen Dogma des Christentums. Unter Bezugnahme auf Überlegungen Klaus Heinrichs werden Spaltung, Erinnerung und Ursprung hierbei zu zentralen Begriffen einer religionswissenschaftlichen Analyse, welche in ein produktives Verhältnis zur Psychoanalyse tritt.
Im Editorial findet sich zudem ein kurzes Interview mit MANFRED BAUSCHULTE, in dem Heinrichs Auseinandersetzung mit der Kunst der Renaissance und mit dem Namensgeber dieser Zeitschrift, dem Maler Luca Signorelli, in den Blick genommen wird.

Auch über die intellektuelle Auseinandersetzung hinaus spielte die Kunst für Klaus Heinrich eine Rolle – er selbst fand im Medium der Zeichnung einen künstlerischen Ausdruck. Einen kleinen Ausschnitt davon präsentieren wir unseren Leserinnen und Lesern in der Druckausgabe des Heftes mit Zeichnungen, die uns freundlicherweise von der Klaus und Renate Heinrich Stiftung zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt worden sind.

Wir wünschen eine anregende Lektüre –
Die Signorelli-Redaktion

Artikel

Editorial | Interview mit Manfred Bauschulte

Redaktion Signorelli

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Spaltung, Leere, stillgestellte Zeit. Dynamiken im Antisemitismus

Christian Obermüller

In der Zeitschrift

Gender und Geschlechterspannung – im Kontext faszinationsgeschichtlichen Arbeitens

Alina Floors

Interview mit Ulrike Brunotte

In der Zeitschrift

Den Staub denken

Rolf Bossart

In der Zeitschrift

Dämonen und Dämonisches im Denken von Klaus Heinrich

Marion Steinicke

In der Zeitschrift

Der Stier des Phalaris/ Der Strich des Apelles. Repliken auf die letzte Dahlemer Vorlesung von Klaus Heinrich (1999)

Manfred Bauschulte

In der Zeitschrift

Erinnerungen an das Problem von Nicäa. Betrachtungen zur trinitarischen Formel ausgehend von Klaus Heinrich

Jakob Helmut Deibl

In der Zeitschrift

Autorinnen und Autoren

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Neu im Blog

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Vom Ver-Schweigen. NS-Täterschaft und -Mitläufertum in deutschen Familien und ihre transgenerationalen Folgen

Seminar zu Genealogie und Tiefenhermeneutik in den Räumen der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin |

"Im Unterschied zu den Nachkommen der Überlebenden wissen Kinder von Tätern oder Mitläufern häufig nicht, wie ihre Vorfahren in der Zeit des Nationalsozialismus handelten. (...) wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Kollektiv der Deutschen tendenziell die Nazi-Vergangenheit verleugnet, so wird evident, dass ein innerfamiliäres Ver-Schweigen nicht notwendigerweise auffallen muss. Die Verwirrung, die Töchter und Söhne im Durchschnitt deutscher Familien erleben, bleibt daher meist unbewusst.“
— Kurt Grünberg (1997, S.17), Schweigen und Ver-Schweigen

Laut dem Multidimensionalen Erinnerungsmonitor (MEMO, 2025) werden Wissenslücken zur familiären Verstrickung in den Nationalsozialismus besonders dann erkennbar, wenn es um das direkte Umfeld und die Familie geht: Haben Opa oder Uropa sich schuldig gemacht oder die Firma, die ihnen gehört, von der NS-Zeit profitiert? Über persönliche Verstrickungen ist den meisten immer noch wenig bekannt.

Das Ver-Schweigen in Familien von NS-Tätern und Mitläufern ist selten Ausdruck bewusster Schuld. Viel häufiger handelt es sich um ein Symptom unbewältigter Abwehrmechanismen, die sich über Generationen hinweg erhalten. Dieses Seminar möchte zur Reflexion über die psychosozialen Folgen nationalsozialistischer Verstrickungen im familiären Selbstverständnis und im kollektiven Gedächtnis anregen.

Eine Besonderheit dieses Seminars liegt im methodischen Zusammenspiel von gemeinsamer Archivarbeit und hermeneutischer Gruppenreflexion. Die Teilnehmenden werden sowohl in ihrer eigenen Recherche über ihre Familiengeschichte, als auch der Reflexion darüber unterstützt. Während sich die Forschung häufig entweder auf Archivarbeit oder eine narrativ-biografische Analyse konzentriert, sollen in diesem Seminar die manifesten und latenten Dimensionen familiärer NS-Verstrickung gemeinsam erschlossen werden. Somit wird der Erkenntnisprozess über die eigene familiäre Vergangenheit letztlich selbst zum Gegenstand der Gruppenreflexion gemacht.

Das Seminar gibt eine Einführung in die Archivarbeit. Die Teilnehmenden werden dann bei der theoretischen, biografischen und emotionalen Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Familiengeschichte begleitet. Im theoretischen Fokus steht die psychoanalytische, sozialpsychologische und biografie-soziologische Auseinandersetzung mit der intergenerationellen Weitergabe der NS-Täterschaft – mit einem besonderen Augenmerk auf das „ganz normale“ Ver-Schweigen in Familien ehemaliger Wehrmachtssoldaten und Mitläufer.

Obwohl diese Vergangenheit in vielen Familien nie explizit thematisiert wurde, hinterließ sie – wie unter anderem Gabriele Rosenthal gezeigt hat – dennoch Spuren bei den Nachfolgegenerationen. So unterscheidet Kurt Grünberg (1997, 1998) zwischen dem Schweigen der Überlebenden – als sprachloser, affektiv aufgeladener Kommunikationsverweigerung – und dem Ver-Schweigen der Täter und Mitläufer als aktiver Normalisierung und Abwehr. Jan Lohl und Angela Moré (2014) zeigen auf, wie sich unbewusste Erbschaften des Nationalsozialismus in emotionalen Deutungsmustern und dem sozialen Habitus reproduzieren – oft ohne explizite Thematisierung. Gabriele Rosenthals biografisch-narrativer Zugang (2001) verdeutlicht, wie Täterbiographien durch transgenerationale Narrative „entschärft“ oder umgedeutet werden – etwa durch die Betonung von „Pflichterfüllung“ oder „politischer Unwissenheit“.

Wie wird NS-Täterschaft oder -Mitläufertum in deutschen Familien also erinnert – oder eben nicht erinnert? Welche Formen des Ver-Schweigens haben sich in deutschen Familien etabliert, und wie wirken sie bis heute nach? Was macht das mit den Nachkommen? Und wie lassen sich eigene familiäre Verstrickungen in die NS-Zeit und ihre emotionale Dimension in der dritten Nachfolgegeneration rekonstruieren?


Termine:
Samstag der 15.11.2025
Samstag der 17.01.2026
Samstag der 07.02.2026
Jeweils von 10 bis 18 Uhr.

Ort:
Stromstr. 2, 10555 Berlin
Der Raum für das Seminar wird den Teilnehmenden nach Anmeldung bekannt gegeben.

Teilnahme:
Begrenzt auf 15 Teilnehmende.

Eine Teilnahme von Externen (Studierenden sowie Berufstätigen oder anderen Interessierten) ist möglich.

Wir bitten um Anmeldung über folgendes
Anmeldeformular→

Seminarleitung:
Nora Kühnert (M.A., M.A.), Lena Sophie Glade (M.A.)

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Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden

Filmscreening und Workshop im Rahmen der Veranstaltungsreihe Gibt es was zu feiern? - 10 Jahre krIPU

Die Studierendeninitiative krIPU wird 10 Jahre alt und blickt im aktuellen Sommersemester auf ebendiese 10 Jahre Schaffenszeit zurück. Wir möchten nicht nur gratulieren, sondern begehen im Rahmen der Veranstaltungsreihe auch einen gemeinsamen Abend.


27.06.2025 - Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden Filmscreening von Hitchcocks Notorious/Weisses Gift und Workshop zu einem Aufsatz Sonja Wittes

Die psychoanalytische Kulturwissenschaftlerin Sonja Witte war ebenfalls Gründungsmitglied der krIPU und ist 2024, im Alter von 44 Jahren, viel zu früh nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. In ihrem Aufsatz, den wir uns an diesem Abend gemeinsam ansehen möchten, befasst sie sich am Beispiel von Hitchcocks Notorious und dessen inadäquaten deutschen Erstübersetzung aus einer psychoanalytischen Perspektive mit der Schuldabwehr in der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Am 27.06. wird der Film in der IPU Berlin, Alt-Moabit 91B, Raum-01 gezeigt. In diesem Rahmen, wollen wir uns auch mit dem Aufsatz Wittes befassen, der etwas weiter unten heruntergeladen werden kann. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr, um Anmeldung per Mail an kripu(at)ipu-berlin.de wird gebeten.


Zeitnah hier zum Download verfügbar: Sonja Witte: Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden. Der Versuch einer psychoanalytischen Darstellung der deutschen Schuldabwehr am Beispiel von „Notorious“→

Weitere Veranstaltungen der Reihe:
08.05.2025 - Yair Qedar: Outsider. Freud: Filmscreening and Q&A with the director (EN)

18.06.2025 - Aaron Lahl: Sex ohne Trieb? Überlegungen zum Schicksal des Sexualtriebes in Psychoanalyse und Gesellschaft

04.07.2025 - Benedikt Salfeld: ›das Grauen hatte meine Gefühle nicht abgestumpft‹. Die Kriegsreportagen Lee Millers

Weitere Infos →

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