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HEFT 1

Ausgabe 1, 2023

Januar 2023

Möglichkeiten und Grenzen der Psychoanalyse

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Broschur, A5, 133 Seiten
ISSN: 2751-6504

Inhalt
Es sind die Möglichkeiten und Grenzen der Psychoanalyse, denen wir uns in der ersten Ausgabe unserer Zeitschrift Signorelli durch Gespräche anzunähern versuchen. In diesen werfen der Philosoph Dominik Finkelde, der Psychoanalytiker Udo Rauchfleisch, der Psychologe und Soziologe Martin Altmeyer und der Körpertherapeut Tilmann Moser aus unterschiedlichen Blickwinkeln ein Schlaglicht auf das Thema. In allen Ausgaben finden sich neben den Gesprächen zu einem leitenden Heftthema ebenso eigenständige Textbeiträge. Die Zeitschrift – so unser Ziel – soll dabei als Sprachrohr psychoanalytischer Nachwuchswissenschaftler dienen, die ihre Arbeiten in Essayform einer breiteren (Fach-)Öffentlichkeit zur Diskussion stellen wollen.

Ernst Bittermann formuliert so in seinem Essay Zur konformistischen Sozialpsychologie Erich Fromms eine Kritik ebendieser und attestiert den geistigen Nachfahren Erich Fromms, den in dessen Werk angelegten Konformismus auf die Spitze zu treiben. Henning Lampe setzt sich in Trieb ohne Körper? mit der Frage auseinander, wieso die zunehmend verfemte Freud’sche Triebtheorie ein Revival in der Gestalt von Laplanches Triebbegriff erfährt – und wie dies auf Kosten der Reflexion auf Natur und Gesellschaft möglich wurde. Einen Streifzug durch das Leben und Werk Michel Foucaults sowie dessen Zugriff auf die Psychologie bestreitet zuletzt Pierre-Carl Link in seinem synoptischen Beitrag Psychologie als dünne Haut über einer ethischen Welt.

Den Abschluss der Zeitschrift bilden freie Beiträge. Dies können Marginalien, Glossen oder (in Ausnahmefällen) Rezensionen sein. Zur ersten Ausgabe trägt Stefan Hain eine Marginalie zum Verhältnis von Psychoanalyse und Marxismus bei, Benedikt Salfeld vertieft das im Editorial kursorisch Dargestellte: Ein Lapsus und seine Folgen. Notiz zu Freuds Signorelli.

Wir wünschen eine anregende Lektüre –

Redaktion Signorelli
Cover der ersten Ausgabe

Artikel

Editorial

Redaktion Signorelli

Als sich Sigmund Freud im Sommer 1898 auf einer Kutschfahrt in Herzegowina befindet, will ihm in einem Gespräch mit einem Weggefährten ein Name nicht mehr einfallen...

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Sinn lässt sich nicht stiften. Zur konformistischen Sozialpsychologie Erich Fromms und des zeitgenössischen Frommianismus

Ernst Bittermann

Die scharfe Kritik, die Herbert Marcuse und Theodor W. Adorno an ihrem ehemaligen Kollegen Erich Fromm als einem Vertreter der sogenannten neo-freudianischen oder kulturalistischen Schule der Psychoanalyse formuliert haben, scheint heute an Bedeutung verloren zu haben...

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Trieb ohne Körper? Reflexionen auf Laplanches Triebbegriff

Henning Lampe

In Zeiten, in denen psychoanalytische Diskurse sich zunehmend um Theorien der Intersubjektivität entfalten, droht der Blick für eine Subjektgenese, die sich nicht ausschließlich innerhalb von Beziehungslogiken bewegt, verloren zu gehen...

In der Zeitschrift

Psychologie als dünne Haut über einer ethischen Welt. Überlegungen im Anschluss an Michel Foucault

Pierre-Carl Link

Psychologie »anders denken«, Psychologie in der Geschichte »anders denken« – so könnte die Überschrift zu Michel Foucaults historisch-systematischen Arbeiten zur psychologischen Disziplin lauten. Foucault anempfiehlt der Psychologie eine »Rückkehr in die Hölle«...

In der Zeitschrift

»Im Schleimbecken der Metaphysik«

Nicolas Hauck

Interview mit Dominik Finkelde.

In der Zeitschrift

Psychoanalyse als Kunst der Fuge

Natascha Meyer

Interview mit Martin Altmeyer.

In der Zeitschrift

Wider die Orthodoxie – Der psychoanalytische Kompass

Benjamin Kretz

Interview mit Udo Rauchfleisch.

In der Zeitschrift

Der Körper als Erinnerungsraum und die Grenzen der Verbalisierung

Sebastian Schinkel

Interview mit Tilmann Moser.

In der Zeitschrift

Marxismus und Psychoanalyse

Stefan Hain

Marginalie | Marxismus und Psychoanalyse sind Produkte der bürgerlichen Gesellschaft; genauer genommen: der Krise bürgerlicher Gesellschaft.

In der Zeitschrift

Ein Lapsus und seine Folgen. Notiz zu Freuds Signorelli

Benedikt Salfeld

Ist »Irmas Injektion« der Urtraum der Psychoanalyse, kann der »Signorelli« vielleicht als ihre Urfehlleistung gelten...

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Beteiligte

Redaktion Signorelli

Kurzbiografien der Beteiligten, Danksagungen und Impressum.

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Neu im Blog

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Vom Ver-Schweigen. NS-Täterschaft und -Mitläufertum in deutschen Familien und ihre transgenerationalen Folgen

Seminar zu Genealogie und Tiefenhermeneutik in den Räumen der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin |

"Im Unterschied zu den Nachkommen der Überlebenden wissen Kinder von Tätern oder Mitläufern häufig nicht, wie ihre Vorfahren in der Zeit des Nationalsozialismus handelten. (...) wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Kollektiv der Deutschen tendenziell die Nazi-Vergangenheit verleugnet, so wird evident, dass ein innerfamiliäres Ver-Schweigen nicht notwendigerweise auffallen muss. Die Verwirrung, die Töchter und Söhne im Durchschnitt deutscher Familien erleben, bleibt daher meist unbewusst.“
— Kurt Grünberg (1997, S.17), Schweigen und Ver-Schweigen

Laut dem Multidimensionalen Erinnerungsmonitor (MEMO, 2025) werden Wissenslücken zur familiären Verstrickung in den Nationalsozialismus besonders dann erkennbar, wenn es um das direkte Umfeld und die Familie geht: Haben Opa oder Uropa sich schuldig gemacht oder die Firma, die ihnen gehört, von der NS-Zeit profitiert? Über persönliche Verstrickungen ist den meisten immer noch wenig bekannt.

Das Ver-Schweigen in Familien von NS-Tätern und Mitläufern ist selten Ausdruck bewusster Schuld. Viel häufiger handelt es sich um ein Symptom unbewältigter Abwehrmechanismen, die sich über Generationen hinweg erhalten. Dieses Seminar möchte zur Reflexion über die psychosozialen Folgen nationalsozialistischer Verstrickungen im familiären Selbstverständnis und im kollektiven Gedächtnis anregen.

Eine Besonderheit dieses Seminars liegt im methodischen Zusammenspiel von gemeinsamer Archivarbeit und hermeneutischer Gruppenreflexion. Die Teilnehmenden werden sowohl in ihrer eigenen Recherche über ihre Familiengeschichte, als auch der Reflexion darüber unterstützt. Während sich die Forschung häufig entweder auf Archivarbeit oder eine narrativ-biografische Analyse konzentriert, sollen in diesem Seminar die manifesten und latenten Dimensionen familiärer NS-Verstrickung gemeinsam erschlossen werden. Somit wird der Erkenntnisprozess über die eigene familiäre Vergangenheit letztlich selbst zum Gegenstand der Gruppenreflexion gemacht.

Das Seminar gibt eine Einführung in die Archivarbeit. Die Teilnehmenden werden dann bei der theoretischen, biografischen und emotionalen Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Familiengeschichte begleitet. Im theoretischen Fokus steht die psychoanalytische, sozialpsychologische und biografie-soziologische Auseinandersetzung mit der intergenerationellen Weitergabe der NS-Täterschaft – mit einem besonderen Augenmerk auf das „ganz normale“ Ver-Schweigen in Familien ehemaliger Wehrmachtssoldaten und Mitläufer.

Obwohl diese Vergangenheit in vielen Familien nie explizit thematisiert wurde, hinterließ sie – wie unter anderem Gabriele Rosenthal gezeigt hat – dennoch Spuren bei den Nachfolgegenerationen. So unterscheidet Kurt Grünberg (1997, 1998) zwischen dem Schweigen der Überlebenden – als sprachloser, affektiv aufgeladener Kommunikationsverweigerung – und dem Ver-Schweigen der Täter und Mitläufer als aktiver Normalisierung und Abwehr. Jan Lohl und Angela Moré (2014) zeigen auf, wie sich unbewusste Erbschaften des Nationalsozialismus in emotionalen Deutungsmustern und dem sozialen Habitus reproduzieren – oft ohne explizite Thematisierung. Gabriele Rosenthals biografisch-narrativer Zugang (2001) verdeutlicht, wie Täterbiographien durch transgenerationale Narrative „entschärft“ oder umgedeutet werden – etwa durch die Betonung von „Pflichterfüllung“ oder „politischer Unwissenheit“.

Wie wird NS-Täterschaft oder -Mitläufertum in deutschen Familien also erinnert – oder eben nicht erinnert? Welche Formen des Ver-Schweigens haben sich in deutschen Familien etabliert, und wie wirken sie bis heute nach? Was macht das mit den Nachkommen? Und wie lassen sich eigene familiäre Verstrickungen in die NS-Zeit und ihre emotionale Dimension in der dritten Nachfolgegeneration rekonstruieren?


Termine:
Samstag der 15.11.2025
Samstag der 17.01.2026
Samstag der 07.02.2026
Jeweils von 10 bis 18 Uhr.

Ort:
Stromstr. 2, 10555 Berlin
Der Raum für das Seminar wird den Teilnehmenden nach Anmeldung bekannt gegeben.

Teilnahme:
Begrenzt auf 15 Teilnehmende.

Eine Teilnahme von Externen (Studierenden sowie Berufstätigen oder anderen Interessierten) ist möglich.

Wir bitten um Anmeldung über folgendes
Anmeldeformular→

Seminarleitung:
Nora Kühnert (M.A., M.A.), Lena Sophie Glade (M.A.)

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Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden

Filmscreening und Workshop im Rahmen der Veranstaltungsreihe Gibt es was zu feiern? - 10 Jahre krIPU

Die Studierendeninitiative krIPU wird 10 Jahre alt und blickt im aktuellen Sommersemester auf ebendiese 10 Jahre Schaffenszeit zurück. Wir möchten nicht nur gratulieren, sondern begehen im Rahmen der Veranstaltungsreihe auch einen gemeinsamen Abend.


27.06.2025 - Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden Filmscreening von Hitchcocks Notorious/Weisses Gift und Workshop zu einem Aufsatz Sonja Wittes

Die psychoanalytische Kulturwissenschaftlerin Sonja Witte war ebenfalls Gründungsmitglied der krIPU und ist 2024, im Alter von 44 Jahren, viel zu früh nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. In ihrem Aufsatz, den wir uns an diesem Abend gemeinsam ansehen möchten, befasst sie sich am Beispiel von Hitchcocks Notorious und dessen inadäquaten deutschen Erstübersetzung aus einer psychoanalytischen Perspektive mit der Schuldabwehr in der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Am 27.06. wird der Film in der IPU Berlin, Alt-Moabit 91B, Raum-01 gezeigt. In diesem Rahmen, wollen wir uns auch mit dem Aufsatz Wittes befassen, der etwas weiter unten heruntergeladen werden kann. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr, um Anmeldung per Mail an kripu(at)ipu-berlin.de wird gebeten.


Zeitnah hier zum Download verfügbar: Sonja Witte: Hitchcock in Deutschland oder wie die Nazis zu Dealern wurden. Der Versuch einer psychoanalytischen Darstellung der deutschen Schuldabwehr am Beispiel von „Notorious“→

Weitere Veranstaltungen der Reihe:
08.05.2025 - Yair Qedar: Outsider. Freud: Filmscreening and Q&A with the director (EN)

18.06.2025 - Aaron Lahl: Sex ohne Trieb? Überlegungen zum Schicksal des Sexualtriebes in Psychoanalyse und Gesellschaft

04.07.2025 - Benedikt Salfeld: ›das Grauen hatte meine Gefühle nicht abgestumpft‹. Die Kriegsreportagen Lee Millers

Weitere Infos →

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